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Aktualisiert: 21.01.2019

Warum Deutsche so wenig Rente bekommen

Die Rentenversicherung ist ein wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge. Denn nur durch sie sind die Versicherten auch im Alter finanziell abgesichert. Doch die Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland blickt auf eine schwierige Zukunft. Denn aufgrund einer immer geringer werdenden Anzahl an geborenen Kindern und einer stetig steigenden Lebenserwartung der Rentnerinnen und Rentner, ist das bisher existente Gleichgewicht nicht mehr gegeben. Die gesetzliche Rentenversicherung, wie wir sie bisher kennen, funktioniert zukünftig also anscheinend nicht mehr so gut.

Aktuelle Statistiken beweisen – zu geringe Renten

Das hat auch die jüngste Vermögensstatistik der Europäischen Zentralbank (EZB) gezeigt. Denn nach der von ihr veröffentlichten Rechnung liegt Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten Europas hinten. Deutsche Rentner bekommen in Relation zu ihrem Gehalt eine zu geringe Rente (s. a. Altersvorsorge im Test). Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete diese Ergebnisse als „verzerrt“. So begründet sie ihre Skepsis gegenüber der Statistik damit, dass die hohen Rentenansprüche der deutschen Bevölkerung nicht berücksichtigt wurden.

Wie sehen die Renten in anderen Staaten aus? Diese scheinen statistisch besser als die der Deutschen zu sein, wenn man den Ergebnissen einer Studie der Witschaftsorganisation OECD aus dem Jahr 2010 Vertrauen schenkt. Dieser zufolge liegen die Rentenansprüche in Deutschland in Bezug auf Eintrittsalter, Bezugsdauer und Höhe der Rente ebenfalls unter dem Durchschnitt aller OECD-Mitglieder.

Ersatzquote entscheidend

Wichtig für die statistische Messung des Werts von Rentenansprüchen ist eine sogenannte Ersatzquote. Das ist der prozentuale Anteil, den die Altersrente in Relation zum Einkommen in der Erwerbsphase erreicht. So liegt die Netto-Ersatzquote für einen männlichen Durchschnittsverdiener mit dem Renteneintrittsalter von 65 Jahren in Spanien bei 84 Prozent, in Italien bei immerhin 76 Prozent und in Griechenland bei ganzen 110 Prozent. In Griechenland bekommt man also mehr Rente als der Durchschnittsverdienst vor Rentenbezug.

Spanien und Griechenland mit fraglichen Modellen

Der Unterschied liegt aber auch in der Art der Rentenberechnung. So zählt in der Bundesrepublik die ganze berufliche Karriere während in Griechenland nur der Lohn der letzten fünf Jahre und in Spanien der Lohn der letzten 15 Jahre vor dem Ruhestand berücksichtigt wird.

Die Südländer stehen mit den Ersatzquoten deutlich über dem Durchschnittswert von 69 %. Im Gegensatz dazu liegen Frankreich mit 60% und Deutschland mit 58% unter dem Durchschnitt. Zwar folgen noch einige Länder hinter Deutschland, so beispielsweise Schweden, Großbritannien oder Irland, doch dies soll uns nicht beglücken. Nicht berücksichtigt in der Studie ist Zypern. Denn Zypern ist kein Mitglied der OECD.

Längere Arbeitszeiten kommen noch hinzu

Doch diese negative Platzbelegung ist noch nicht alles. Ein deutscher Bürger arbeitet durchschnittlich länger als die meisten anderen Europäer. So betrug die durchschnittliche gesamte Länge der Berufstätigkeit in der EU nach Eurostat im Jahre 2010 34,5 Jahre. Schweden übertrifft diesen Wert mit 40,1 Jahren am stärksten. Doch auch Deutschland lag mit 36,8 Jahren oberhalb des Durchschnitts. Im Jahr 2011 hat sich die Lebensarbeitsdauer in Deutschland sogar noch auf durchschnittliche 37,4 Jahre erhöht.

Der durchschnittliche Rentenbeginn ist aber nicht gleichzeitig der Zeitpunkt, an dem die Rente ohne Abschläge bezogen werden kann. Denn während in Frankreich 41 Arbeitsjahre geleistet werden müssen, so sind es in Griechenland und Spanien derzeit 35 Jahre sowie 40 Jahre in Italien. Deutschland liegt wiederum oben mit 45 zu leistenden Arbeitsjahren.

Tatsächlich unterscheidet sich der reale Rentenbeginn aber von dem eigentlichen gesetzlichem Rentenalter. In Deutschland arbeiten 59,9 % der Menschen zwischen 55 und 64 Jahren. In Frankreich sind es dagegen nur 41,5 % und in Griechenland sowie Italien ist der prozentuale Anteil der älteren noch arbeitenden Gesellschaft mit weniger als 40 % noch niedriger.

Dementsprechend haben diese auch meistens mehr von der Rente als die Menschen in Deutschland. So bezieht der Deutsche durchschnittlich 17 Jahre Rente. Männliche Franzosen hingegen aber 21,7 Jahre, Italiener 22,8 Jahre und Griechen sogar lange 24 Jahre. Bei Frauen ist die Rentenbezugszeit noch ein wenig länger.

Positive Aspekte

Dass die überdurchschnittlich gute Rente im Ausland aber auch negative Folgen hat, das sieht man an verhältnismäßig hohen Anteilen der Renten im Bruttoinlandsprodukt. In Frankreich und Italien fließen beispielsweise schon ganze 15 % in die Rentenversorgung. Notwendige Maßnahmen, die dann meistens ergriffen werden, sind die Heraufsetzung der Altersgrenze, Reduktion der Rentenhöhe oder zusätzliche private Versicherungen. Einige wurden durch den Euro-Rettungsschirm auch bereits durchgeführt.